Professorin des Exzellenzclusters ECONtribute der Uni Bonn untersucht Einfluss von Fake News sowie den Umgang mit ihnen
Fake News haben einen tiefgreifenden Einfluss auf die wirtschaftliche Dynamik: Höhere Arbeitslosigkeit und geringere Produktion sind die Folge. Auch die Fähigkeit, Fake News zu erkennen, weist Lücken auf. Menschen überschätzen tendenziell ihr Vermögen, zwischen korrekten und falschen Nachrichten zu unterscheiden. Sind sie dafür sensibilisiert, erhöht sich ihre Bereitschaft, für den Schutz vor Fake News zu bezahlen. Diese Ergebnisse gehen aus zwei Diskussionspapieren des Exzellenzclusters ECONtribute der Universität Bonn hervor.
Mit dem Internet und sozialen Medien haben irreführende Informationen, oft als Fake News bezeichnet, seit Beginn des neuen Jahrtausends an Fahrt aufgenommen. Ob politischer oder wirtschaftlicher Natur – sie verbreiten sich rasend schnell. Prof. Stefanie Huber, Mitglied im Exzellenzcluster ECONtribute der Universitäten Bonn und zu Köln, sowie Prof. Tiziana Assenza, Prof. Fabrice Collard und Prof. Patrick Fève von der Toulouse School of Economics haben nun untersucht, wie Fake News die wirtschaftliche Dynamik sowie Schwankungen im Konjunkturzyklus beeinflussen.
Höhere Arbeitslosigkeit, niedrigere Produktion
Um die Wirkung von Fake News auf die Wirtschaft einschätzen zu können, stützt sich das Team in seiner Publikation „From Buzz to Bust: How Fake News Shapes the Business Cycle“ auf faktengeprüfte Nachrichten, die zuvor von der Plattform PolitiFact geprüft wurden und die Assenza und Huber in der Datenbank „Fake News Atlas“ zusammengestellt haben. PolitiFact ist eine 2007 gegründete gemeinnützige Organisation zur Überprüfung von Fakten, die sich an den Grundsätzen des International Fact-Checking Network orientiert.
Da die Auswirkungen von Fake News-Schocks nicht direkt gemessen werden können, hat das Forschungsteam ein Proxy-VAR-Modell verwendet. Dieser Ansatz ermöglicht es, die dynamische kausale Wirkung von „Fake-News-Schocks“ – plötzliches Ansteigen irreführender Informationen – zu bestimmen. Das Team analysiert in seiner Studie monatliche US-Daten für den Zeitraum von Januar 2007 bis Dezember 2022 unter Einbeziehung der Arbeitslosenquote, der Industrieproduktion, des Konjunkturfaktors, der die wichtigsten Informationen über den Konjunkturzyklus zusammenfasst, sowie des makroökonomischen Unsicherheitsindex bezogen auf einen Monat im Voraus.
„Durch unser Modell konnten wir zeigen, dass technologiebasierte Fake News-Schocks einen signifikanten Einfluss auf die wirtschaftliche Entwicklung haben“, sagt Prof. Stefanie Huber. „In der Folge steigt die Arbeitslosigkeit, während die Industrieproduktion sinkt.“ Darüber hinaus tragen die Fake News-Schocks erheblich zu Konjunkturschwankungen bei. „Sie haben ebenfalls einen Einfluss darauf, dass Verbraucherinnen und Verbraucher ihre Ausgaben kürzen“, fährt Huber fort. Dieser Abschwung wirkt sich dann negativ auf den Arbeitsmarkt aus – sowohl auf die geleisteten Arbeitsstunden als auch auf einen Rückgang der offenen Stellen.
Welcher Mechanismus liegt hier zugrunde? In der VWL würde man sagen, dass Fake-News-Schocks als aggregierte Unsicherheitsschocks wirken. Technologiebezogene Fake-News-Schocks säen Unsicherheit, die sich durch die gesamte Wirtschaft ausbreitet. „Das kann man sich vielleicht wie folgt vorstellen“, sagt Huber: „Wenn Marktakteure diese Fake News sehen, selbst wenn sie diese als fake identifizieren können, dann wissen sie nicht ob andere Markteilnehmer auf diese Fake News reinfallen werden. Das kreiert Unsicherheit und hemmt Investitionen.“
Menschen überschätzen Fähigkeit, Fake News zu erkennen
In einem weiteren Diskussionspapier „Fake News: Susceptibility, Awareness and Solutions“ untersuchte Professorin Huber zusammen mit Prof. Tiziana Assenza, Toulouse School of Economics und Alberto Cardaci, Market Insights Senior Manager im Unternehmenssektor, ob Bürgerinnen und Bürger in der Lage sind, Fake News zu erkennen und bereit sind, für Schutzmaßnahmen gegen die schädlichen Auswirkungen von Fake News zu bezahlen.
In einem Umfrageexperiment mit einer repräsentativen Stichprobe von 2.413 Personen über 18 Jahren verschiedenen Alters, Geschlechts, Bildung, ethnische Zugehörigkeit, Familienstand, Haushaltsgröße, Wohnregion und Parteizugehörigkeit bewerteten Testpersonen aus der US-Bevölkerung die Richtigkeit einer Reihe von Schlagzeilen und Unterzeilen mit kurzen Zusammenfassungen von Nachrichtenartikeln. Diese Aussagen deckten ein heterogenes Spektrum von Nachrichtenthemen und -kanälen ab. Der Ansatz konzentriert sich auf die Fähigkeit der Bürgerinnen und Bürger, die Richtigkeit von Informationen auf der Grundlage des Nachrichteninhalts zu erkennen.
Die große Mehrheit der Untersuchungspersonen hat großes Vertrauen in ihre Fähigkeit, die Genauigkeit von Nachrichten zu bewerten; 82,64 Prozent der Probandinnen und Probanden geben an, eine „gute“ oder „sehr gute“ Fähigkeit zu haben, Nachrichten oder Informationen zu identifizieren, die die Realität verzerren oder sogar falsch sind. „Interessanterweise glauben nur 37,61 Prozent unserer Befragten, dass der durchschnittliche Bürger in der Lage ist, zwischen korrekten und gefälschten Nachrichten zu unterscheiden“, sagt Prof. Stefanie Huber.
Die zentrale Erkenntnis: Die Probandinnen und Probanden überschätzten ihre eigene Fähigkeit, zwischen korrekten und gefälschten Nachrichten zu unterscheiden, deutlich. Ein Lichtblick: Sobald die Testpersonen durch eigene Erfahrung erkannten, dass sie anfälliger dafür waren, auf Fake News hereinzufallen als sie dachten, erhöhte sich ihre Bereitschaft, für Schutzmaßnahmen wie Faktencheck-Services zu bezahlen.
Das Verständnis und die Bekämpfung von Fake News sind entscheidend für die Aufrechterhaltung der wirtschaftlichen und politischen Stabilität sowie für informierte Entscheidungen jedes Einzelnen. „Unsere Forschung zeigt, wie einfache Bewusstseinskampagnen einen bedeutenden Unterschied im Kampf gegen Fehlinformationen machen können”, sagt Prof. Stefanie Huber.
Neben der Uni Bonn war die Toulouse School of Economics an der Studie „From Buzz to Bust: How Fake News Shapes the Business Cycle” beteiligt. An der Studie „Fake News: Susceptibility, Awareness and Solutions“ waren die Universität Bonn, die Toulouse School of Economics und die Goethe-Universität Frankfurt beteiligt. Beide Studien wurden von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) und der französischen Agence nationale de la recherche (ANR) gefördert.
Assenza, T., Collard, F., Fève, P. & Huber, S. (2024): From Buzz to Bust: How Fake News Shapes the Business Cycle. https://www.econtribute.de/RePEc/ajk/ajkdps/ECONtribute_287_2024.pdf
Assenza, T., Cardaci, A. & Huber, S. (2024): Fake News: Susceptibility, Awareness and Solutions. https://www.econtribute.de/RePEc/ajk/ajkdps/ECONtribute_290_2024.pdf