Studie der Uni Bonn zeigt: Bild von Aktienbesitzenden als „egoistische Zocker“ hemmt Investitionen
Ob Menschen in Aktien investieren, hängt davon ab, was sie über Aktienbesitzende denken. Das hat ein Team um Luca Henkel, Mitglied des Exzellenzcluster ECONtribute: Markets & Public Policy an der Universität Bonn, herausgefunden. Die Studie ist als ECONtribute Discussion Paper erschienen.
Demnach schätzen 80 Prozent der Befragten Menschen, die in Aktien investieren, als egoistische und gierige „Zocker“-Persönlichkeiten ein. „Welche Meinung Menschen von Aktienbesitzerinnen und -besitzern haben, ist wichtig dafür, ob jemand selbst in Aktien investiert“, sagt Luca Henkel, der die Studie mit Christian Zimpelmann durchgeführt hat.
Die Forscher befragten rund 4700 Studienteilnehmende aus den Niederlanden und den USA, was sie über Menschen denken, die an der Börse aktiv beziehungsweise nicht aktiv sind. Auf einer Skala von eins bis zehn konnten die Teilnehmenden angeben, wie stark sie der jeweiligen Gruppe Charaktereigenschaften wie Egoismus und Habgier zuordnen. Das Ergebnis: Mehr als 80 Prozent der Teilnehmenden schätzten die Gruppe der Aktienbesitzenden als deutlich egoistischer und gieriger ein als die Nicht-Aktienbesitzerinnen und -besitzer.
In einem zweiten Schritt zeigen die Forscher mithilfe von Experimenten, dass diese Ansichten einen kausalen Effekt auf Investitionsentscheidungen haben: je negativer die Teilnehmenden Aktienbesitzende sehen, desto weniger investierten sie in Aktien.
Für die Entscheidung, in Aktien zu investieren, seien lediglich zwei Gründe wichtiger als die Meinung über Aktienbesitzende, so die Forscher: das Einkommen oder Vermögen sowie die Erwartung, ob Aktien positive Renditen erbringen.
Aktieninvestments sind Teil der Identität
„Das negative Bild trägt zur geringen Beteiligung am Aktienmarkt bei“, sagt Luca Henkel. In Deutschland investieren weniger als 30 Prozent der Menschen in Aktien.
Die Befragten haben laut der Studie ein Stereotyp von Aktienbesitzerinnen und -besitzern im Kopf, das in der Realität nur auf eine kleine Gruppe zutreffe. Menschen überschätzten demnach Charakterzüge wie Egoismus und Habgier bezogen auf die Gesamtgruppe aller Aktionärinnen und Aktionäre. Dies kann dazu führen, dass die Entscheidung, nicht in Aktien zu investieren, ein wichtiger Teil der Identität von Menschen wird. So gaben etwa 40 Prozent der Befragten an, stolz darauf zu sein, keine Aktien zu besitzen.
„Wir sollten darüber sprechen, wer überhaupt am Aktienmarkt investiert“, sagt Luca Henkel. „In der Realität ist das keine homogene Gruppe, sondern Menschen mit unterschiedlichsten Charaktereigenschaften.“ Aufklärung, etwa in Form von Schulunterricht zum Thema Finanzen oder öffentlichen Informationskampagnen, könne mehr Menschen dazu bewegen, sich mit dem Aktienmarkt zu beschäftigen.
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