Schlechte Betreuung verlängert Arbeitslosigkeit I Amelie Schiprowski

07.10.2020

Arbeitslose, deren Termin mit dem zuständigen Fallmanager des Arbeitsamtes unvorhergesehen abgesagt wird, bleiben im Schnitt zwölf Tage länger arbeitslos. Das hat die Bonner Ökonomin Amelie Schiprowski im Rahmen einer Studie des Exzellenzclusters ECONtribute: Markets & Public Policy der Universitäten Köln und Bonn herausgefunden.

Bei der Arbeit krankmelden muss sich wohl jeder mal. Bei Fallmanagern des Arbeitsamtes hat eine plötzliche Abwesenheit jedoch direkte wirtschaftliche Folgen für Dritte: Die Menschen, die sie betreuen, sind im Schnitt fünf Prozent länger arbeitslos, wenn ein Treffen ausfällt – das entspricht einer Dauer von zwölf Tagen. Was wenig klingt, kann für den Staat und die einzelnen Betroffenen hohe Kosten bedeuten.

Amelie Schiprowski, Ökonomin des Exzellenzclusters ECONtribute der Universitäten Köln und Bonn hat Daten der schweizerischen Arbeitslosenversicherung von 2010 bis 2012 ausgewertet und untersucht, wie wichtig die persönliche Interaktion mit Fallmanagern für Arbeitslose ist. Dabei fand sie heraus: Wie lange jemand arbeitslos ist, hängt auch maßgeblich davon ab, wie zuverlässig und engagiert die Betreuung durch das Arbeitsamt ist.

Regelmäßige Betreuung wichtig für Wiedereingliederung

Fallmanager kümmern sich beim Arbeitsamt um die Wiedereingliederung auf den Arbeitsmarkt von Menschen, die Arbeitslosengeld beziehen. Eine spontane Abwesenheit dieser Fallmanager verringert die durchschnittliche Anzahl an Treffen mit den betreuten Personen. Da pro Halbjahr nur etwa zwei bis drei Treffen stattfinden, entspricht ein ausfallendes Treffen in den analysierten Daten etwa 40 Prozent der Betreuungszeit. Der Ausfall eines Treffens führt im Schnitt zu einer fünf Prozent längeren Arbeitslosigkeit. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass eine regelmäßige Betreuung für eine erfolgreiche Wiedereingliederung sehr wichtig ist.

Quantität und Qualität wichtig

Die Ökonomin teilte die beobachteten Fallmanager gemäß ihrer Produktivität in zwei Gruppen ein – Produktivität bedeutet, wie schnell von ihnen betreute Personen im Schnitt wieder einen Job fanden. Das Ergebnis: Bei weniger produktiven Betreuungspersonen hat eine Abwesenheit keinen negativen Effekt, bei den produktiveren verlängert sich die Arbeitslosigkeit bei einem ausgefallenen Termin dafür durchschnittlich sogar um 13 Prozent. Wie schlimm eine Terminabsage ist, hängt also von der Qualität der Betreuung ab.

Investitionen in Humankapital können Dauer der Arbeitslosigkeit verringern

Das Papier weist auf die ökonomische Bedeutung von Personal beim Arbeitsamt hin. „Fallmanager werden aus wohlfahrtsstaatlicher Sicht als wichtige Ressource unterschätzt“, sagt Amelie Schiprowski. Jeder Tag zusätzlicher Arbeitslosigkeit ist teuer für den Staat. Eine geringere Arbeitsbelastung einzelner Sachbearbeiter, die mehr Treffen mit einzelnen Arbeitslosen ermöglicht, und Investitionen in die Beratungsqualität könnten die Arbeitslosigkeit senken.

Für das Papier erhielt Amelie Schiprowski den Wirtschaftspreis der Joachim Herz Stiftung. Die Studie ist im August im Journal of Labor Economics erschienen.

Mehr zur Autorin Amelie Schiprowski im Kurzinterview In Brief.

Presse und Kommunikation

Carolin Jackermeier
ECONtribute
Tel. +49 221 470 7258

M  jackermeier@wiso.uni-koeln.de

Katrin Tholen
ECONtribute
Tel. +49 228 737808

M  katrin.tholen@uni-bonn.de

 

Inhaltlicher Kontakt

JProf. Dr. Amelie Schiprowski
Universität Bonn

M  amelie.schiprowski@uni-bonn.de

Zur Publikation