Schnelltests haben die Covid-19-Infektionsketten im Frühjahr 2021 effektiv unterbrochen. Das zeigt ein Modell, das von Forschenden des Exzellenzclusters ECONtribute: Markets & Public Policy der Universitäten Bonn und Köln, des Sonderforschungsbereichs Transregio 224 EPoS der Universitäten Bonn und Mannheim und des Instituts zur Zukunft der Arbeit (IZA) entwickelt wurde. Den Ergebnissen dieses Simulationsmodells zufolge verringerten die Antigen-Tests die Coronazahlen im Frühling maßgeblich, während Impfungen eine untergeordnete Rolle spielten. Die Studie ist vorab als „ECONtribute Discussion Paper“ erschienen.
„Unsere Auswertung von Daten aus der zweiten und dritten Corona-Welle von September bis Mai zeigt, dass Schnelltests trotz steigender Impfquote maßgeblich beim Eindämmen des Corona-Virus helfen“, sagt Prof. Dr. Hans-Martin von Gaudecker, Professor beim Exzellenzcluster ECONtribute an der Universität Bonn. Er und sein Team analysierten, wie effektiv verschiedene Corona-Maßnahmen Infektionsketten unterbrachen. Das Ergebnis: Schnelltests reduzierten der Simulation zufolge die Infektionszahlen in Deutschland alleine im Mai um gut 40 Prozent.
Impfungen spielten im Frühjahr nur untergeordnete Rolle
Die Forschenden bildeten den Verlauf der Pandemie in einem sogenannten agentenbasierten Simulationsmodell nach. Im Zentrum standen physische Kontakte, die sie in vier Netzwerke unterteilten: Kontakte im Haushalt, bei der Arbeit, in der Schule oder in anderen Umgebungen, zum Beispiel Treffen mit Freunden oder Familie. Für die Simulation nutzten sie Daten des Mikrozensus und verschiedener Studien über soziale Kontakte, die bereits vor der Pandemie erhoben wurden.
Auf der Basis medizinischer Auswertungen, unter anderem des European Centre for Disease Prevention and Control, simulierten sie die Wahrscheinlichkeit, sich bei einem Kontakt zu infizieren. Um die deutsche Bevölkerung nachzustellen, zogen die Wissenschaftler eine repräsentative Stichprobe aus mehr als einer Million privater Haushalte (basierend auf dem Mikrozensus der Statistischen Ämter des Bundes und der Länder). Sie prüften, wie sich die Maßnahmen, also Ausgangssperren, Kontaktbeschränkungen, Impfen sowie PCR- und Schnelltests, auf die Infektionszahlen auswirkten. Dabei berücksichtigten sie, dass diese Maßnahmen im Verlauf des Frühjahrs zunahmen und von der Art des Kontakttyps abhingen – zum Beispiel nahmen laut „COSMO-Studie“ unter der Federführung der Universität Erfurt im April rund 60 Prozent der Arbeitnehmer Schnelltests regelmäßig wahr, wenn ihr Arbeitgeber diese anbot.
Das Ergebnis der Simulation: Obwohl die Impfrate in während der dritten Corona-Welle von fünf auf 40 Prozent stieg, war sie laut Studie nur für 16 Prozent des Rückgangs der Infektionszahlen im untersuchten Zeitraum verantwortlich. Im Gegensatz dazu waren die Schnelltests entscheidend für die sinkenden Infektionszahlen. Der Grund: Schnelltests reduzierten bei einem positiven Ergebnis die Kontakte – im Gegensatz zu Impfungen. Eine ähnlich große Rolle wie die Schnelltests spielte die sogenannte Saisonalität des Virus für die Infektionszahlen, also die äußeren Bedingungen wie Temperatur und Luftfeuchtigkeit sowie daraus folgend die Orte, wo sich Menschen trafen – vorwiegend draußen oder in Innenräumen.
Forschende plädieren für weiteren Einsatz von Schnelltests
Gerade so lange der Impfstoff – etwa aufgrund von Lieferproblemen – noch knapp ist, sind laut Forscherteam die Schnelltests ein wichtiges Mittel zur Pandemiebekämpfung. „Mindestens bis alle Bürgerinnen und Bürgern ein Impfangebot bekommen haben, sollten Schnelltests großflächig eingesetzt werden“, sagt von Gaudecker. Dies sei nicht nur effektiv, sondern auch vergleichsweise günstig für den Staat: Während eine Woche Lockdown schätzungsweise rund 20 Euro pro Kopf gekostet habe, gibt es Schnelltests häufig für weniger als einen Euro pro Stück zu kaufen. Langfristig sei es für die Eindämmung wichtig, dass ein Großteil der Bevölkerung geimpft wird.
Die Studie ist vorab als „ECONtribute Discussion Paper“ veröffentlicht und wird nun – wie es in den Wirtschaftswissenschaften üblich ist – diskutiert und weiterentwickelt.
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